Mittwoch, 20. April 2011

31.3.-3.4. Fraser Island


Als ich am Donnerstag Mittag so gegen 2 Uhr aus dem Krankenhausgebäude trat, strahlte die Sonne auf mich hinab. Nein, es ist nicht so wie ihr denkt. Normalerweise endet mein regulärer Arbeitstag nicht schon um 2 Uhr, aber da ich (mit freundlicher Unterstützung der Aussies) ja auch hier bin, um ein bisschen was vom Land zu sehen („you should really go on a trip! It’s gonna be cold soon!“), stand mal wieder ein Wochenendtrip auf dem Programm. Wohin ging’s? Nach Fraser Island. Wer war am Start? Jonas und Joli, die allen bereits bekannten „Fook’n Jo-Jos“, David (man betone das í!), ein Kollege vom Jonas und unser entspannter Spanier sowie Rachel, eine Bekannte von David und unsere kleine „is it safe?“ malaysische Chinesin. Und natürlich, wie könnte ich ihn vergessen: Struppi („wuff, wuff“), unser zuverlässiger 4W(heel) drive.


Wir fuhren also guten Wetters und guter Laune in Richtung Norden. Erstes Reiseziel: Rainbow Beach, wo wir eine letzte Nacht in Zivilisation verbringen wollten bevor es am nächsten Tag auf die Insel ging.
Die Weltmetropole Rainbow Beach hatte einiges zu bieten! Neben der Hauptstraße war eine ganze Nebenstraße der Hostelwirtschaft gewidmet. Wir hatten uns für ein kleines Hostel namens „Pippies“ entschieden, welches gleich den Anfang der Hostelstraße bildete. Pippies war freundlich und nett, hatte einen Fernsehraum mit stockfischigen „Mamamia-auf-DVD-Guckern“ sowie eine Küche auf Stelzen mit weintrinkenden Bagpacker-Gangs. Vollkommen angebrachter Weise brachte man uns im Hollywoodzimmer unter. Nachdem wir Hollywood bezogen hatten, machten wir uns auf zu dem kulinarischen Tipp unsrer Rezeptionistin: einem italienischen Resto. Kurz vor Aufbruch zum ersten gemeinsamen Abendessen meldete sich zum ersten Mal Rachels asiatische Standartfrage: „Is it safe?“ Und tatsächlich schwante auch mir in Rainbow Beach nichts als Unheil, sodass ich das Abriegeln der Glastür (es waren ja nur knapp 30 Grad draußen) als unbedingt notwendig erachtete.
Das Abendessen beim Italiener war dann nicht nur safe, sondern auch ausgesprochen lecker, sodass wir zufrieden schnurrend ein Six-pack Bier im Alkoholshop kaufen konnten, um uns damit gemütlich an den Strand zu trollen. Der Strand von Rainbow Beach überzeugte mit atemberaubenden Sternenhimmel, stiller Abgeschiedenheit und einer frisch-lau-bis-kühlen Briese. Schade war nur, dass der einzige trockene Fleck am Strand genau im Straßenscheinwerferlicht des Surfclubs lag. Naja, so war immerhin alles safe.
Nach einer Zeit der schweigsamer Meditiererei und fröhlichen Rumalberei, machten wir uns auch schon auf den Weg zurück zum Hostel, denn schließlich wollten wir am nächsten Morgen früh auf die Insel aufbrechen. Gott sei Dank konnte ich Rachel davon überzeugen, dass Jonas und David bestimmt in der Lage sein würde sämtliche nächtlichen Einbrecher in die Flucht zu schlagen, sodass eine geruhsame Nacht inklusive ausreichend Sauerstoffzufuhr gesichert war.

Struppi bellte bereits ganz aufgeregt, als wir am nächsten Morgen in Richtung Fähre aufbrachen. Und wenig später wurde auch schon der Allradantrieb eingelegt, um durch den tiefen Sand das Boot zu erreichen. Erneut schien eine pralle, dicke Sonne auf uns hinab und alles war in freudiger Erwartung auf die Überfahrt. Goodbye Pippies, welcome to Fraser Island.
Vielleicht sollte ich ein paar Worte über die Insel verlieren. Das besondere an Fraser Island ist, dass es eine komplette Sandinsel ist. Es gibt zwar drei verschiedene Arten von Wald, aber keine geteerten Straßen oder geebnete Wege. An einigen ganz kniffligen Stellen gibt es vielleicht schon mal ein paar Holzplanken zur Unterstützung, aber das war dann auch alles. Die „Inselautobahn“ ist der Strand, an dem man bei Ebbe 80 km/h fahren kann, während man sich auf den Backroads je nach Befahrbarkeit so zwischen 3 und 30 km/h schnell wird.
Da bei unserer Ankunft Flut herrschte ging’s zunächst über die Backroads. Holper, holper, wuff, wuff, polter, polter. Viel besser vermag ich Struppis Bewegungen über Stock (oder besser gesagt Wurzel) und Stein nicht zu beschreiben, da muss man glaub ich selber mal in so nem 4WD rumgehüpft sein, um das nachvollziehe  zu können.
Die andere Besonderheit an Fraser Island sind diverse Süßseen, die über die Insel verstreut liegen. Einen derselben erreichten wir gegen Mittag. Schnell eine Runde schwimmen und dann große, leckere Sandwiches zum Lunch. So der Plan. Doch als wir das Seeufer erreichten, mussten wir feststellen, dass da, wo eigentlich Strand sein sollte nun See war. Der Regen hatte also auch auf Fraser Island die Pegel steigen lassen. So schmierten wir uns schnell die Sandwiches und brachen auf, um eine andere Zugangsstelle zum See zu finden. Wir erreichten bald einen kleinen Trampelpfad und nach ausgiebigen Trampeln auch das Seeufer. An der neu entdeckten Stelle war zumindest ein etwas weitläufiger Zugang, den man mit viel Phantasie als Strand bezeichnen konnte. Also rein in die Schwimmsachen und los ging’s. Während Jonas und ich bereits die Bauchnabelgrenze erreicht hatten, zitterte David noch am Uferrand und Rachel erkundigte sich nach der Sicherheitsstufe der Seebegehung. Doch schon kurze Zeit später plantschten wir alle zufrieden im See herum, während immer mal wieder Baumwipfel vom Ufer aufragten. Außerdem hatte der See (wahrscheinlich zur besseren Tarnung) die braune Farbe des Laubs angenommen, sodass ich unter Wasser als echter sonnengebräunter Tourist durchgegangen wäre.

Nach dieser kleinen Mittagspause ging’s auch gleich wieder weiter. Immer in Richtung Norden, wo unser Campingplatz lag. Doch schon nach kurzer Zeit, kamen wir erneut an einem See vorbei. Kurz aussteigen und schauen, wie der so aussieht konnte nun wirklich nicht schaden...
Als seien wir durch ein magisches Tor gekrochen, purzelten wir auf einen weißen Sandstrand, der den glasklaren See säumte. Und außer uns, keine Menschenseele weit und breit. Begeistert sprangen wir ins Wasser, spielten mit unserem australischen Football (der ist im Prinzip wie son amerikanisches Ei aussieht) und plantschten im seichten lauwarmen Wasser vor uns hin. Die Sonne war nach einer kurzen Regenpause auch wieder hinter den Wolken aufgetaucht, um dem schönen Nachmittag noch ein Sahnekrönchen aufzusetzen.


Als so langsam erste andere menschliche Wesen dieses Plätzchen Erde zu invasieren drohten, verließen wir unser kleines Paradies, um nun wirklich den Campingplatz aufzusuchen. Auf dem Weg dahin durften auch David und ich Struppi mal durch die Gegend fahren (Rachel fahren zu lassen, wäre not safe gewesen) und schon bald hatte ich meine Leidenschaft fürs 4W driving entdeckt. Wir schafften es trotzdem sicher zu unserer nächtlichen Ruhestätte, wo wir es gerade noch fertigbrachten vor Einbruch der Dunkelheit Zelte aufzubauen und uns ein bisschen einzurichten.


Zum Abendessen stand Barbecue Nr. 1 auf dem Programm. Doch zunächst musste dafür ein echtes Feuer entfacht werden. Mittels Zeitungspapier und vieler gesammelter kleiner Stöckchen gelang es auch nach einer Weile ein Feuer in Gang zu bringen, das die drei großen Holzklötze in Brand setzte. Doch sobald wir versuchten sie so zu wenden, dass sie den Grillrost halten konnten, kühlten Feuer und Glut rapide ab. Wie sollte so je das Känguru gar werden? Wir talpten also rüber zu den in Australien üblichen Gasbarbecues doch einer der beiden ließ sich gar nicht erst anschalten und der andere wurde einfach nicht warm. Während ich also begann darüber nachzudenken, ob nun etwas ältere Spanierwade oder doch junges Chinesenfleisch besser schmecken würde, unternahm David einen neuerlichen Versuch den Naturgrill ans laufen zu bringen. Schließlich klappte es mit aerodynamisch perfekter Holzscheitarchitektur doch noch die Glut heiß genug zu bekommen, um unsere Kartoffeln zu garen und die Würstchen, die Kängurus sowie die Schweinefilets schmackhaft und knusprig zu grillen. Schnell noch die Dingofallen überwinden (der Campingplatz war natürlich Dingo safe!), um eine Runde unsere Campingstühle am Strand Probe zu sitzen und dann ging’s auch schon ab in die Falle, es war ja schließlich schon nach 9!

Am nächsten morgen packten wir unsere Zelte wieder ein, talpten zu den funktionstüchtigen Barbecues (das Kaffeekochen dauerte zwar eine Weile, aber lohnte sich) und planten den Tag. Am Abend wollten wir uns einen Beachcampingplatz suchen, also einen Platz am Strand oder in den Dünen, wo wildcampen erlaubt war. Doch zunächst wollten wir noch die unmittelbare Umgebung des Campingplatz erkunden, denn, wie unser erfahrener Führer Jonas wusste, gab es direkt neben dem Campingplatz eine riesige Sanddüne. Als wir aufbrachen erwartete ich einen kleinen Sandhaufen, der Spiel, Spaß und Freude für Kinder unter 10 versprach, doch schon bald hatte ich den Eindruck mich in der tiefsten Sahara zu befinden. Jedesmal, wenn wir dachten endlich die höchste Düne erreicht zu haben, türmte sich eine neue vor uns auf. Doch irgendwann erreichten wir einen Punkt, von dem man ein Überblick über das Sandspektakel hatte, eine riesige Fläche heller Sand, umgeben von Urwald, an drei Seiten und abgegrenzt durch Meer an der vierten.



Als wir wieder zurück bei Struppi waren, galoppierte dieser weiter in Richtung Norden, da wir dort die schönsten Strandcampingorte vermuteten. David und ich bestanden allerdings darauf auch einmal im Meer schwimmen zu gehen und so schlugen wir schon bald den Weg in Richtung Westen ein, um die Insel einmal über die gesamte Breite zu überqueren. Auf der anderen Seite schien es einen vielversprechenden Schwimmplatz zu geben. Vielversprechend, zumindest sah er zumindest noch auf unserer Karte aus, doch einmal angekommen, wirkte es eher, wie eine gute Stelle zum fischen, als zum Schwimmen. Doch der erfahrene Abenteurer lässt sich von so was natürlich nicht abhalten und so wandert wir übern Strand, durch knöcheltiefes, braunes, stinkendes Etwas (ich weigerte mich einfach das zu Ende zu denken) und dann wieder übern Strand. Irgendwann kam ein kleiner Baum in Sicht, unter dem wir unser Lunch in den Schatten stellen konnten, ein guter Ort für unser Mittagspicknick.
Jonas und David waren bereits bis zur Hälfte über die Sandbank gewatet, ich folgte dicht dahinter und Rachel bildete die Nachhut. Ich bemerkte zwar, dass Jonas und David stehen geblieben waren und auf irgendetwas deuteten, aber noch dachte ich mir nichts dabei. Als ich aufgeschlossen hatte, berichteten sie, dass sie vielleicht einen „Stingray“ gesehen hätten. Sofort rief ich mir den toten australischen Krokodilehunter ins Gedächtnis, der mitten ins Herz gestochen wurde und daran starb. David zuckte mit den Schultern und so wateten wir weiter. Zu dem Zeitpunkt waren wir vielleicht 300 Meter der Sandbank überquert, etwa die Hälfte bis zu den sich brechenden Wellen. Da stieß Jonas auf einmal ein „Oh my God!“ aus und der größte Stingray, den die Menschheit je gesehen hat (Zitat David: „Like a huge airbus!“), steuerte direkt auf uns zu (in Wirklichkeit war er wohl ca. 1,5 Meter breit). Während sich der Killerrochen wahrscheinlich gerade überlegte, wie er möglichst schnell vor 4 riesigen Menschen fliehen könne, brach bei uns die beherrschte Panik aus. Rachel wollte auf Davids Arm springen, Jonas stand einfach nur da und ich überlegte panisch, wie ich wohl innerhalb weniger Sekunden das Fliegen erlernen könnte.
Betont lässig, auf keinen Fall hektisch rennend und mit dem rasensten Herz aller Zeiten schafften wir es gerade noch so wieder ans Ufer zu kommen. Von diesem Zeitpunkt an wurde „oh my god!“ der Spruch der gesamten Fahrt und der Frage: „is it safe?“ immer ein „no stingrays?“ angefügt.

So waren wir froh, als wir am Abend einen schönen Strandcampingplatz in den geschützten Dünen fanden. In unmittelbarer Nähe eines Sees, der zwar nicht so klar und sauber war, wie der vom Vortag dafür aber Seile an den umliegenden Bäumen befestigt hatte, mit Hilfe derer man ins Wasser springen konnte. Wir bauten die Zelte auf, entschraubten den Wein und begannen mit Barbecue Nr. 2. Es dauerte erneut ein bisschen den (diesmal instant) Grill zu entfachen, doch „no worries“, natürlich wurden wir alle satt und zufrieden.
Nach der ganzen Aufregung des Tages hatten wir uns eine geruhsame Nacht wohl verdient und so verzogen wir uns früh ins Zelt, wo ich begann von riesigen Stingrays und gefährlichen Dingos zu träumen. Als mich einer am Bein erwischte, wachte ich schweißgebadet auf, der festen Überzeugugn, dass wir einen Riesenlizard oder eine Schlange im Zelt hätten. Rachel schlummerte unberührt neben mir, während ich es erneut mit der beherrschten Panik versuchte („keep calm, keep calm! Where’s the fucking flashlight?“). Doch irgendwann schaffte auch ich es das Stingraytrauma hinter mir zu lassen und friedlich einzuschlafen.

Und schon war der letzte Tag angebrochen. Der Morgen begann mit dem nun schon bekannten Zeltabbau und einiger Verfahrerei (das die Flut auch den Strand unbefahrbar machen muss...). So erreichten wir gegen Mittag (wohl bemerkt zum zweiten Mal, konnte ja keiner wissen, dass der Weg nicht weiter führte) eine Service Station, die uns gnädiger Weise mit Kaffee versorgen konnte. Dann nahmen wir den letzten Programmpunkt in Angriff: Lake McKenzie, der wohl schönste See der Insel.
Der Weg zum See war holpriger als alles, was wir bis dahin erlebt hatten und während ich versuchte Struppi in über ganze Wurzelfelder, riesige Steinbrocken und durch tiefen Sand zu bugsieren, musste ich das ein oder andere Mal denken, ob der Stingray wohl das letzte gewesen sein sollte, was ich in meinem Leben erlebt haben sollte. Doch nachdem wir auch die Riesenpfützen passiert hatten, erreichten wir den See doch noch.
Lake McKenzie war wirklich wunderschön, leider ein bisschen voll von Backpackerreisegruppen (komischer Weise kamen auf einen Typen ca. 8 Mädels), aber als wir den Nebenstrand erreicht hatten, mussten wir alle zugeben, dass weißer Sand und ein blau schimmernder klarer See sich sehr gut aushalten lassen.

Leider fing es bald an zu regnen und die Fähre musste ja auch noch erreicht werden. So machten wir uns auf den Rückweg, der auch noch ein kleines Highlight zu bieten hatte. Kurz vor der Fähre begegnete uns noch ein Dingo (wir hatten zwar morgens schon 2 gesehen, aber dieser hechelte einfach noch etwas freundlicher).


Um vor der Einreise nach Brisbane noch ein bisschen Inselsentimentalität beizubehalten gingen wir dann auch noch in Mooloolaba ganz frischen Fisch essen, bevor wir dann mit mehreren Tonnen Sand im Gepäck nach Hause zurückkehrten. 

Dienstag, 5. April 2011

März & April - Routine im Brisbaner Leben

Während man an einem morgen noch ein völlig Fremder in einer großen neuen Stadt ist, stellt man schon am nächsten Tag fest, dass das eigene Leben auf einen gefährlichen Strudel des routinierten Alltaglebens zusteuert.
So wache ich z.B. jeden morgen gegen 5 Uhr morgens auf, wenn sich die irischen Nachbarn auf den Weg zur Arbeit machen und gehe (wie sich das für einen guten Aussie gehört) so gut wie nie nach 23 Uhr ins Bett.
Um einen grobe Übersicht über die Fortgeschrittenheit meiner hiesigen Sesshaftigkeit zu verschaffen, habe ich die Woche mal für euch zusammengefasst.


Sushi-Monday

Der Montag beginnt meist mit einem ausgiebigen Kampf mit dem Wecker, der trotz mehrfachen Draufhauens einfach weiterhin darauf besteht, dass die Arbeitswoche nun beginnt. Mühselig schleppe ich mich zum Frühstückstisch, um die 2 (manchmal sogar schon geschmierten) Toast und den großen Becher Kaffee in Angriff zu nehmen. Wenn ich besonders struppig und verschlafen drein gucken, dann bereitet Jonas mir sogar mein Sandwich für’s Lunch vor (Avokado, Tomate, Käse und roasted Chicken).
Auf der Arbeit angekommen müssen zunächst die über’s Wochenende liegengebliebenen Emails abgearbeitet werden, dann werden alle Aufgaben in Angriff genommen, auf die ich am Freitag keine Lust mehr hatte. Lockere Kabel wieder angelötet, Fehlermeldungen im Computer behoben und Beschriftungen an meinem Modell auf den neusten Stand gebracht. Wenn ich schließlich mit dieser Arbeitswelle fertig geworden bin, ist es auch schon Zeit mein Sandwich in den Toaster zu schieben und anschließend zu lunchen. Mit so gefülltem Magen lässt sich natürlich erst einmal nichts verrichten, sodass nächste Arbeitsschritte sorgfältig geplant werden. Und wenn ich dann schon mal beim Planen bin, kann ich ja auch gleich schon mal herausfinden, was es denn noch so spannendes in den nächsten Wochen und vor allem am Wochenende zu entdecken gibt. Zu der Zeit, zu der Wochenarbeitsplan sowie Wochenendfreizeitsplan stehen, ist der Nachmittag bereits weit voran geschritten und es lohnt sich bei weitem nicht mehr mit irgendetwas anzufangen.
Zu Hause angekommen verschaffe ich mir dann erneut einen Überblick über das vom Wochenende übergebliebene Chaos und die in der Wohnung zu verrichtenden Aufgaben. Dann teile ich sie sorgfältig auf die verbleibenden Wochentage auf. Uff, von der ganzen Planerei knurrt mir jetzt aber ordentlich der Magen (das Sandwich um 12 Uhr ist schon längst Vergangenheit). Wo bleibt denn bloß der Jonas?
Da geht auch schon die Wohnungstür auf und der Jonas schneit herein, in der Hand eine große Tüte mit Sushi. Denn Montags, da ist Sushitag. Der Vasabi wird geschärft, die Schälchen mit Sojasoße gefüllt und die Stäbchen entzweit und dann wird ausgetauscht, was man sich für die kommende Woche alles so vorgenommen hat.


Burger-Tuesday

Am Dienstag fällt das Aufstehen bereits deutlich leichter. Die Bushaltestelle wird ohne mehrfaches, hektisches Umkehren (wegen vergessener Gegenstände) zeitlich erreicht. Und dann geht’s auch schon los.
Die Höhle der Engineers raucht bei der ganzen Beschäftigkeit, die ich an den Tag lege. Mein kleines Projekt wächst und wächst und immer wieder finde ich Ecken und Enden, an denen noch kleine Verbesserungen oder größere Zusätze dran unternommen werden können. Ich tüftle und knoble den ganzen Tag vor mich hin und ohne dass wirklich viel Zeit vergangen ist, wird es auch schon Zeit nach Hause zu gehen.
Dort angekommen lässt mein Magen verlauten, dass das 12 Uhr Sandwich nun schon eine ganze Weile her ist, doch zunächst muss noch die Wäsche abgehängt oder ein bisschen was für’s Frühstück eingekauft werden. Das hatte man ja am Montag wieder mal nicht gemacht.
Dann endlich der rettende Anruf vom Bruder. In einer halben Stunde am Burger Urge. Denn dienstags, da gibt’s Burger. Mitten in New Farm gibt’s nen Laden, der dienstags 2 Burger zum Preis von einem anbietet und so steht dem Chili-Chese Burger nichts mehr im Weg. Und auch der tollpatschige kleine Kellner freut sich inzwischen uns zu sehen. Wir sind ja schließlich so was wie Nachbarn.


Cafeteria-Wednesday

In meinem Notizbuch, das ich immer mit dabei habe führe ich eine Strichliste: Pro und Contra Australien. So gehen mir z.B. die unfassbar großen 50 Cent Stücke unheimlich auf die Nerven (wenn man auch nur 2 davon besitzt, braucht man für sein Portemonnaie einen Bollerwagen), wo hingegen mich das kulinarische Angebot hier so dermaßen von sich überzeugt hat, dass mir beim Gedanken an das baldigen Essen in der Pontstraße etwas flau im Magen wird.
Eine Sache, die ich wohl auf die Contra-Seite schreiben würde, wenn sie denn ganz Australien betreffen würde und nicht nur (wie Jonas mehrfach betont hat) meine Engineers, ist die Tatsache, dass alle immer ihr Mittagessen zu sich nehmen, während sie gleichzeitig weiter vorm PC hocken und ihre Paper lesen oder Daten auswerten. Ich gönne mir zu solchen Gelegenheiten in der Regel die letzte Ausgabe der Tagesschau oder ein kurzes Facebook update, doch selbst das finde ich für ein Mittagessen wenig interaktiv.
Doch der Mittwoch ist anders. Denn Mittwoch sind die meisten Students (Hiwis oder andere Studenten, die ein Projekt in der Arbeitsgruppe durchführen) anwesend und da fast immer irgendjemand sein Lunch nicht dabei hat (und weil ich sonst darauf bestehe) geht’s Mittwochs stets runter in die Cafeteria zum Speisen.
Das Gesprächsthema beim Essen dreht sich stets um die Frage, ob Fußball (also „real football“) oder Australian Rules Footy (also „here football“) die bessere Sportart ist. Dabei verlaufen die Argumentationen der beiden Seiten stets gleich. Für Fußball benötigt man einfach mehr „skill“ und man kann nur Tore erzielen, wenn man auch wirklich trifft (scheinbar bekommt man beim australian football auch Punkte, wenn man neben die Hauptstangen schießt). Während die AFL Fans argumentieren, dass ihre Sportart viel schneller sei und beim „soccer“ ja nie irgendwas passieren würde und am Ende stände es dann immer unentschieden.
Ich persönlich enthalte mich natürlich einer Meinung und genieße es einfach in Gesellschaft zu essen und ein bisschen etwas von der australischen Sportbegeisterung aufzuschnappen.


No-Name-Thursday

Ganz im Ernst, es muss ja auch nicht jeder Tag von Routine beherrscht werden. Ob ich nun früher ins Büro muss, weil mal wieder ein Tierversuch ansteht (ok, diesmal muss ich gestehen, dass mir der Hase wirklich Leid tat. Aber was nehmen die auch einen weißen Flauschigen?) oder ob ich am Abend spontan inspiriert ein Curry zubereite. Es ist einfach alles Möglich, denn mein Leben ist hier ja nicht festgefahren, sondern steckt voller schöner Überraschungen;-)


Flip-Flop-Friday

Freitag zählt ja eigentlich schon zum Wochenende. Deshalb hab ich einfach mal beschlossen, am Freitag heißt es Röckchen um die Hüfte und Thongs an die Füße, damit das Wochenende passend eingeläutet wird.
Da Arbeit übrig bleiben muss, die auf Montag verschoben werden kann und da mein Blick in der Regel so ab 2 Uhr Nachmittags vor Wochenendssehnsucht  zu explodieren droht, werden Freitags die Zelte etwas früher als gewöhnlich abgebrochen und es geht noch ein bisschen in die Stadt oder an den Fluss bevor ich Jonas dann auf das ein oder andere Feierabendbier treffe.
(Und falls es dann noch ins Casino geht, hab ich natürlich auch noch Casino zulässige Schuhe griffbereit parat!)


Adventure Weekend

Sitzen zwei Aussies am Strand. Sagt der eine: „Sag mal hast du das auch gesehen?“ Fragt der andere: „Den großen weißen Hai, der da in Richtung Ufer geschossen und dann in einer Welle verschwunden ist?“
Hah, aber es war gar kein Hai! Es war ein Joli in ihrer ersten Surfstunde! Und wenn man mal davon absieht, dass ich vielleicht hätte lenken lernen sollen bevor ich fast jedes Mitglied meines Kurses mindestens einmal umgesaust hatte und dass ich mir für nächstes Mal „Achtung! Ich reflektiere, kein direkter Augenkontakt“ auf meine weiße Haut tätowieren lassen sollte, bin ich der festen Überzeugung, dass mir eine große Surfkarriere bevorsteht! Immerhin stand ich ganze drei Mal auf dem Brett (obwohl ich mich liegend zugegebener Maßen deutlich schneller und natürlicher fortbewegen konnte), Blick zum Strand, Welle im Rücken.
Der gesamte Surfsamstagmorgen war ein voller Erfolg und als ich aus dem Wasser kam war nur noch eine Frage offen: Wann kann ich das nächste Mal surfen?
Jonas war da Gott sei Dank erstmal ein wenig zurückhaltender, schlug vor sich zunächst ein bisschen die Gold Coast  anzugucken und versicherte mir, dass ich noch mal die Gelegenheit bekommen würde zu surfen. Ich noch vollkommen im Wellenrausch und (wie sich später herausstellte) mit leichtem Sonnenstich stimmte allem enthusiastischst zu.
Wir erkundeten also noch verschiedene Strände der Gold Coast und aßen schließlich in „Surfer’s Paradise“ (da fühlte ich mich gleich wie in einem ganz neuen zu Hause) einen riesigen Burger (und das obwohl es gar nicht Dienstag war).
Danach brachen Sonnenstich, sportliche Höchstleistung und neue Sportbegeisterung alle in einem über mich hinein, sodass ich nur noch erschöpft vor mich hin dösen konnte bis ich um 21:00 Uhr nach einem erlebnisreichen Tag an der Gold Coast endlich schlafen gehen konnte.

So wachte ich topfit (ok, ich hatte zugegebener Maßen an allerlei Stellen verschiedene Grade an Muskelkater) und ausgeschlafen am Sonntag morgen um 7 Uhr auf. Das konfrontierte mich zunächst mit der Frage, was man um 7 Uhr morgens an einem Sonntag wohl so macht, denn diese Situation war glaub ich eine echte Premiere. Doch da ich nun ja auch einen australischen Bruder habe, ließ sein Erwachen nicht lange auf sich warten und so saßen wir schon bald bei französischen Croissants und einer Tasse Kaffee beim Frühstück und planten den Tag.
Er sollte uns vornehmlich zu den Koalas führen. Das erste Tagesziel: Das „Koala Sanctuary, Brisbane“. In Deutschland würde man so was wahrscheinlich Wildpark nennen und man würde allerlei Rehe, Wildschweine, Frischlinge, Ponys und Esel sehen. Und genau so war es dann auch, nur halt mit anderen Tieren. Und alles drehte sich in erster Linie um den Koala.


Meinen persönlichen Highlights  begegneten wir gleich am Anfang. Direkt neben dem Retirement Home befand sich der Kindergarten. Ob da wohl auch Beschwerden wegen Ruhestörung eingehen?



Danach erreichten wir das Haus der jungen und besonders verspielten Koalas...


...alle schliefen.


Etwas weiter konnte man sehen, dass wohl am Abend vorher ne große Party unter den Tieren im Sanctuary stattgefunden hatte. Sogar der Lizard hatte nen riesigen „Hang over“.


Der Anfang im Tierreich war also eher schleppend. Doch es gab tatsächlich auch Aktivität in der Tierwelt. Als wir gegen Mittag zu einer Vogelfütterung antraten, erklärte uns die Mitarbeiterin des Sanctuary, dass die Vögel etwas scheu seien und vielleicht nicht direkt kommen würden. So passierte wenige Sekunden nichts, doch dann kam eine Schar von „Rainbow Lorikeets“ herunter ein (wahrscheinlich durch den asiatischen Anteil der Menge verursachtes) Ohhh ging umher und dann waren die bunten Vögel auch schon überall. Die Futternäpfe, die jeweils von 2-10 Vögeln besetzt waren konnte man die Hand nehmen, wobei An- und Abflug der Lorikeets einen erstaunlich Rückstoß zur Folge hatte.
Einmal durch den Vögelsturm aufgeweckt schienen alle Tiere aus ihren Schalflöchern herausgekommen zu sein, sogar die Wombats und das Schnabeltier.

der stolze Lizard
ja, auch Wombats sehen blöd aus
Jonas freundet sich mit dem Strauß an
der Strauß reagiert mit Desinteresse
 Nur die Koalas und auch die Kängurus, die schliefen natürlich weiter. Alles andere wäre auch viel zu aufregend gewesen.



Nach dem Tierpark fuhren wir dann noch zum Mount Coot-Tha, einem Berg im Südwesten von Brisbane. Da ich auf der Hungerskala zunächst erst ca. 7 (von 10) anzeigte, schlug Jonas vor noch den botanischen Garten zu besuchen. Dieser erwies sich als sehr, sehr groß und botanisch, wobei mir persönlich besonders die Ausstellung verschiedener Bonsaibäume im Gedächtnis geblieben ist (war ich nun gewachsen oder die Welt geschrumpft?).
Doch je länger wir durch den Botanischen Garten streunten, desto lauter meldete sich besagtes Grummeln in meinem Magen. Schließlich war klar: Essen muss her und zwar recht schnell!


Und was könnte schöner sein als ein spätes Lunch mit Ausblick über ganz Brisbane? (Eigentlich nur ein spätes Lunch, das in weniger als einer halben Stunde serviert würde.)

Als wir endlich wieder in unserer kleinen Wohnung in New Farm angekommen waren, da stand auch schon der nächste Programmpunkt auf dem Tagesplan. Picknick im Park und anschließend den Abend beim australischen Sunday Night Comedy ausklingen lassen (der australische Humor erwies sich als erstaunlich dreckig und natürlich passagenweise unmöglich zu verstehen).

So schlief ich am Sonntag Abend  tief ein, wie ein dicker, zufriedener Koala und träumte von Sushi, Burgern, Coffee, wilden Tieren und großen Wellen. 

Ps: Every day is Ginger Beer day! Es gibt wirklich nicht, was mehr erfrischt als ein kaltes Ginger Beer, wenn man nach einem ereignisreichen (oder auch ereignislosen) Tag nach Hause kommt!

Mittwoch, 30. März 2011

19.03.-21.03. Sydney

Sydney empfing mich mit Regen. Große, dicke Tropfen, die sich geräuschvoll überall breit machten. Mich störte das zunächst einmal wenig. Gemütlich saß ich hinten in meinem Shuttlebus und versuchte durch die Tropfen hindurch schon mal einen ersten Blick auf Sydney zu erhaschen. Doch schon bald wurde meine Aufmerksamkeit vom Geschehen im Bus abgelenkt. Unser Chinesischer Shuttlebusfahrer ging alle Fahrtziele im Telegrammstil durch und wer nicht direkt antwortete drohte aus dem Bus geworfen zu werden. Wenn man es schaffte schnell genug sein Fahrtziel zu bejahen, bekam man militärische Anweisungen, wie man nun nach seinem Ausstieg zu seinem Hotel gelangen sollte („I stopp on this side of road and then you walk over to left!“). Gott sei Dank war ich einer der letzten Stopps, sodass ich mir den Ausstiegvorgang ein paar Mal angucken konnte bevor auch ich direkt ins Hostel kommandiert wurde.

Da ich noch nicht gefrühstückt hatte (und das bei einer Abreise von 7 Uhr!), beschloss ich mir zunächst ein Cafe zu suchen. Es regnete weiterhin, wenn auch inzwischen in kleineren Tropfen. Ich stürmte also ins nächst beste Cafe, das Tiger Bakers. Der Name klang bereits vielversprechend und als ich mich auf einem freien Platz niederließ, erkannte ich sofort, dass ich einen echten Glückstreffer gelandet hatte. Das kleine Cafe war gemütlich und geschmackvoll eingerichtet, der kleine Raum durch Spiegel optisch vergrößert und überall schwirrte nur so das Leben. Ich bestellte mir Kaffee und ein großes Frühstück, welches zwar auch preislich ziemlich groß ausfiel, aber hielt was es versprach. So genoss ich meine erste Mahlzeit in Sydney und plante meine nächsten Tage.


Mein erster Programmpunkt führte mich nach Paddington, einen kleinen Stadtteil südöstlich von Sydney.
Es hatte vorübergehend aufgehört zu regnen und so schob ich mich durch die geschäftige Hauptstraße in Richtung Paddingtonmarkt. Es gefiel mir gut, dass die Straße von vielen verschiedenen Geschäften (Schuhe, Klamotten, Bücher, Schmuck, Lebensmittel...) und Cafes gesäumt war. Auch der Paddington Wochenmarkt erwies sich als eine bunte Mischung aus Kunst, Kultur, Klamotten und Schrott. Und als ich gerade dem wiedereingesetzten Regen zu entkommen versuchte und in das mir nächste Zelt sprang, stand ich auf einmal mitten in einer Thaimassagesitzung. Danach hatte ich dann aber auch wirklich alles gesehen und so machte ich mich langsam wieder auf den Rückweg.

Auf meinem zweiten Rückweg (zuvor hatte ich meinen Pulli in einem Laden vergessen) begann es auf einmal wie aus Kübeln zu regnen. Ich meine nicht so einen echten, ehrlichen Regenschauer, den man z.B. aus Aachen so kennt, sondern einen wirklich monsoonartigen Wasserniedergang, der es unmöglich machte sich auch nur wenige Meter ohne Regenschutz fortzubewegen.



Meine Rückkehr zum Hostel gestaltete sich dementsprechend schwierig, doch irgendwann schaffte ich es dann doch. Auf meinem wetterbedingt etwas langsameren Rückweg musste ich feststellen, dass Sydney sich sehr verschlossen präsentierte. Viele große Häuser sahen unbewohnt oder zumindest ungepflegt aus und die kleineren Häuser, die häufig wunderschöne Balkone und Terrassen hatten, wirkten auf mich etwas lieblos. Sobald man einen Blick in ein Haus oder Cafe werfen konnte, sah es gleich einladend und lebhaft aus, aber von außen schien mir häufig etwas zu fehlen.

Auch im Hostel verfestigte sich dieser Eindruck. Zwar war alles sauber und auch irgendwie nett gemacht, aber die persönliche (liebevolle) Note fehlte irgendwie. So verdrückte ich schnell meine Samosas und machte mich auf den Weg zur Marina Bay. Das moderne Hafen/Partygebiet erinnerte mich sehr an Singapur. Viele bunte Lichter, die immer von der anderen Seite der Bucht schöner aussahen, als wenn man tatsächlich da war. Ich setzte mich auf einen kleinen Bootssteg und genoss ein bisschen den halbwegs regenfreien Abend. Nach einer Weile beschloss ich mal neue Erkundungstouren zu starten, als auf einmal (so zu sagen direkt neben mir) ein riesiges Feuerwerk losging. Ich wunderte mich ein bisschen darüber, machte mich dann aber trotzdem auf den Weg. Dieses Unterfangen wurde insofern grausam erschwert, in dem scheinbar ganz Sydney gerade auf die Idee gekommen war genau diesem Feuerwerk beizuwohnen (ich meine, warum schaut man sich denn Feuerwerk an, wenn man sich vorher nicht mal selbst die Finger dran verbrannt hat?). Schließlich schaffte ich es doch noch mich aus den Schaulustigen zu befreien, sodass ich mich noch mit Julia treffen konnte (die beiden hatte es inzwischen auch nach Sydney verschlagen), um noch ein Feierabendbier im Stadtteil „the Rocks“ zu trinken.

Am nächsten Morgen verschlief ich erstmal erfolgreich das Frühstück. Da es in meinem Zimmer kein Fenster gab, fehlte mir dazu auch noch jegliche Form der Orientierung. Doch meine Zimmergenossin bestätigte meine Befürchtungen: „Still pouring rain!“ Doch mein Plan war fest verankert. Um 11 Uhr wollte ich an der „free walking tour“ teilnehmen. So stiefelte ich (etwas missmutig auf Grund des Wetters) zum angegebenen Treffpunkt. Dort war es nicht schwierig Ross, den Tourguide, im hellgrünen T-Shirt ausfindig zu machen. Um ihn herum stand bereits eine kleine Gruppe, die meiner Meinung nach auf Grund von Uhrzeit und Wetter eine unangemessen gute Laune an den Tag legten. Schon nach wenigen Sekunden wurde mir Schirm angeboten und sich nach meiner Gemütslage erkundigt. Ich nippte schweigsam an meinem Kaffee und grunzte verneinend bzw. unbestimmt.
Die Tour an sich war dann allerdings ziemlich cool. So erfuhr ich beispielsweise, wo das letzte erhaltene Pissoir in Sydney steht oder dass irgendein verrückter Penner, der zu Gott gefunden hatte, das Wort „eternity“ an alle möglichen Orte in der Stadt schrieb (er mit Kreide) , sodass man das Wort heute überall finden kann (die eingraviert). Oder dass das Känguru und der Strauß Australiens Wahrzeichen sind, da die beiden Tiere nicht rückwärts gehen können und man sich überlegt hat, dass das wohl auch gut für ein Land sei (außerdem seien die Australier wohl das einzige Volk, das sein Wahrzeichen auch isst, so Ross). Was mir auch noch besonders gut im Gedächtnis blieb war das erste Krankenhaus, das für die „Diebe und Verbrecher“ errichtet wurde. Das geschah nämlich als Gegenleistung für ein Alkoholmonopol, welches auf drei damalige Geschäftsmänner aufgeteilt wurde. Insgesamt schien es mir, als ob die junge Geschichte Australiens einfach nur durch komische Charaktere geprägt worden sei, die alle nicht mehr so 100%ig auf der Höhe ihrer Gesundheit gewesen waren. Naja, aber da sollte sich wahrscheinlich jeder sein eigenes Bild zu machen.



Resultat dieser Walking Tour war auf jeden Fall, dass ich (trotz dankbarer Zuflucht unter Ross’s Schirm) ziemlich nass war. Der nach dem Regen einsetzende Wind verbesserte meine körperlichen Leiden nicht sonderlich und so war ich bereit zurück ins Hostel zu kehren, um dort auf Grund meines Wetterpechs im Selbstmitleid zu versinken. Doch gerade auf halben Weg zeigte sich zum ersten Mal auch ein einzelner Sonnenstrahl. Ich hatte gerade den Hydepark erreicht und die in der „Sonne“ liegenden Bank, die zu dem Zeitpunkt lediglich von Ibissen belegt wurde, lachte mich verlockend an. So beschloss ich eine kurze Pause zu machen und das auf einmal ganz fröhliche Treiben am Brunnen ein bisschen zu beobachten.

2 Stunden später wachte ich wieder auf. Die Sonne war gerade verschwunden und es schien auch schon später Nachmittag zu sein. Die Ibisse waren noch da, die Leute eher weniger und ich hatte mir (ja an einem eigentlich verregneten Tag in Sydney) meinen ersten Sonnenbrand hier in Australien geholt! Immerhin stand er mir ausgeschlafen wahrscheinlich ein bisschen besser.
Später am Abend erkundete ich mit den Mädels noch Kings Cross, die Gegend, in der auch mein Hostel war. Doch es war Sonntag Abend und da in Australien eigentlich ausschließlich Freitags und Samstags irgendetwas los ist, gab es auch nicht wirklich etwas zu erkunden.

Trotzdem verschlief ich am nächsten morgen fast meine Check Out time. Der Himmel hatte sich seit den verschlafenen zwei Stunden nicht mehr blicken lassen und so hingen auch am Montag tiefe graue Wolken über der Stadt. Mein Flug ging erst am Abend, sodass zumindest noch ein (wetterbedingt) nicht geschaffter Programmpunkt noch abgehakt werden musste. Also machte ich mich auf den Weg zur Fähre nach Manly (nicht ohne vorher noch mal in meinem „Stammlokal“ dem Tigers Bakers ein großes Frühstück und einen Kaffee zu genieße). Manly liegt auf der Nordseite Sydneys und zeichnet sich besonders durch seinen Surferstrand aus. Das schönste ist allerdings die Überfahrt mit der Fähre. Man erhascht sowohl einen guten Blick auf die Oper, als auch auf die Harbour Bridge und kurz bevor man die Küste erreicht erlebt man sogar auch noch richtigen Seegang (das versetzte vor allem alle mitfahrenden Asiaten in helle Aufregung). Wenn man dann in Manly angekommen ist, kann man (also bei schlechtem Wetter) eigentlich nicht viel machen, als sich so lange an den Strand zu legen bis einem kalt wird, um dann wieder zurückzufahren.

Sonnenbrille bei jedem Wetter!
Trotzdem würde ich jedem diese Überfahrt ans Herzen legen, denn man hat nicht nur einen guten Ausblick auf Sydneys bekanntesten Sehenswürdigkeiten, sondern bekommt auch einen Eindruck von der Weite und Dimension dieser Stadt.

Zurück im Shuttlebus (diesmal ein anderer Fahrer) auf dem Weg zum Flughafen schaute ich aus dem Fenster raus in den Regen. Riesige Pfützen ließen Autos stecken bleiben, kleine Straßenbäche rissen allerlei Müll mit. Auch wenn ich nicht genau sagen kann was, aber irgendwas ist komisch an Sydney. Es ist wie ein Gesicht ohne Augenbrauen oder ein Zimmer ohne Bilder an der Wand. Irgendetwas fehlt, auch wenn man nicht sofort sagen kann, was es ist. 

Montag, 28. März 2011

11.3.-15.3. Brisbane - Hoher Besuch zu den geburtstaglichen Festlichkeiten

Nach drei sehr langen (ersten) Arbeitstagen, an denen ich zum größten Teil das Gefühl hatte rumzusitzen und klug in der Gegend dreinzuschauen, (als besonders knifflig erwies sich das bei häufig eintreffendem Besuch: „...and that’s Jolande, she’s over from Germany. She will be with us for five weeks.“ Grins, nick), war ich sehr froh am Freitag Nachmittag das Wochenende erreicht zu haben. Doch Wochenende bedeutet im Leben der Joli F. ja bekanntlich nicht unbedingt Erholung und Entspannung. Schnell noch ein eiskaltes Gingerbeer gezischt und dann war stand auch schon mein Besuch auf der Matte.  


Julia und Anni, die sich nun schon seit Wochen durch Regenwälder geschlagen, an verlassenen Stränden gesonnt, auf einsamen Sandbänken verbrannt oder in Hostelbars gefeiert hatten, glänzten nicht nur braun gebrannt, sondern strahlten auch ein gewisses Zivilisationsbedürfnis aus. Gut, dass der Wein bereits kalt gelegt worden war und der Jonas schon bald mit einer großen Portion Sushi zur Tür hineingeschneit kam. Wie sich das also für echte Fookens gehört trugen wir leckeres Essen und reichlich Getränke auf, um unsere Gäste bestmöglich zu verwöhnen. Und dann ging’s auf ins Valley, um Australiens wöchenendliche Feierklutur zu erforschen (Kulturschock 6!). Der Australier versucht sich so gut wie möglich in Schale zu werfen, wo möglich um ein bisschen von der Australierin, die sich so wenig wie möglich bekleidet (dafür aber mit um so mehr bzw. höherem Schuhwerk bewaffnet), abzulenken. Um bis ins Valley (das ist Brisbane’s größte Kneipen/Diskozone) vorzustoßen scheint man an einem Freitag Abend einen mindest Blutalkoholwert von ca. 1,5 Promille haben zu müssen, was besonders die Fortbewegungsweise der Australierinnen auf besagten wackligen Schuhwerk interessant gestaltet. Auch die Auswahl des erwünschten Partyorts ist schwieriger, als man sich das vielleicht denken würde. Verschiedene Clubs scheinen das Publikum mit grellster, geschickter Lichtblinkerei und dermaßen lauter Chartsmusik jeweils in den nächstgelegenen Club treiben zu wollen. So ließen wir uns ein bisschen von Musik, Lärm und Leuten durchs Valley treiben und den Rest, naja den weiß ich jetzt auch gar nicht mehr so genau...

Am nächsten Tag mussten wir uns also mit einem besonders großen Frühstück stärken. Eier, Bacon, Pfannkuchen und Toast. Diesmal nicht vom Gastgeber, sondern vom Gast höchstpersönlich serviert. Mmh, lecker (also nicht die Gäste, sondern das Frühstück). Allermanns (und -fraus) Wohlbefinden war also wieder hergestellt und der geplante Tagesausflug konnte in Angriff genommen werden. Es ging auf nach Ascot, zur Pferderennbahn. 


Jeder der Pferderennen mit heruntergekommenden Zockern und grölenden dicken Männern verbindet, der liegt hier vollkommen falsch. Während nämlich die Zocker in sonnengeschützten Zelten alle Rennen auf sämtlichen Pferderennbahnen in Australien verfolgen, tümmelt sich die eigentliche Meute auf der Tribüne bzw. an stilvollen Plastiktischen auf der Rasenfläche vor dem Zieleinlauf. Dabei besteht die Meute aus den Leuten, die entweder schon zu alt oder vielleicht auch einige Steuerklassen zu hoch waren, um sich am Abend vorher im Valley blicken zu lassen. Männer und Frauen (interessanter Weise in geschlechter-getrennten Gruppen) scheinen auf die Rennbahn zu kommen, um ihre Kleider, Hüte und Sonnenbrillen zur Schau zu stellen und sich dabei vollkommen zu betrinken (und das bei den hiesigen Bierpreisen). 

so sieht das dann bei den ganz großen Rennen aus. Statt Bier gibt's dann Sekt.
Ab und zu findet dann auch mal ein Rennen statt, was besonders Jockeys, Pferde und Rennstellhalter in Aufregung versetzt. Und vielleicht auch noch einige schüchterne Besucher (so wie mich z.B.), die es gewagt haben, ein wenig Geld zu setzen (und natürlich auch zu gewinnen). 


So verging der Nachmittag mit Leute gucken, Pferde gucken, Jockeys gucken,  Ships essen, Bierchen trinken und in die Sonne blinzeln. Zum perfekten Ende des Rennbahntages ging’s dann noch in der untergehenden Abendsonne mit der Citycat von Ascot zurück nach Hause.

Am nächsten Tag hieß es dann Vorgeburtstagsshopping, denn Jonas nahm mich mit in die Stadt, um mir schon mal eine Sonnenbrille auszusuchen (pst, aber nichts verraten, ist ja noch nicht so weit). Es war ein schöner, sonniger Tag und so kam ich auch mal in den Genuss an Brisbane’s Flussufer entlang in die Stadt zu schlendern (und auch wenn man’s wirklich leicht vergessen könnte, in solchen Situationen sieht man dann schon noch, was die Flut alles angerichtet hat). Trotzdem hat der Brisbaneriver für mich einen ganz besonderen Charm.
Nach dem Sonnenbrillenkauf verlief sich der Tag in weiteren Erledigungen bzw. kleinen Entdeckungen. Casino, Botanischer Garten und Southbank, alles einen (ja eigentlich sogar mehrere ) Blick(e) wert. Doch wie Wochenenden das so an sich haben, verging der Sonntag recht zügig und schon befand ich mich am Sonntagabend auf dem Weg zum Hostel, um mit den Mädels noch ein Bier zu trinken (schließlich musste ich ja Montag früh zur Arbeit). Dieser Plan verlief zunächst auch ganz gut, wir saßen auf der Dachterasse des Hostels, guckten ein paar Fotos, quatschten ein bisschen und spielten eine Runde Pool. Doch spätestens als ich meinen Fuß ins Casino setzte, hätte mir klar sein müssen, dass irgendetwas ganz und gar schief lief.
Als ich mich um 6 Uhr morgens auf den Weg nach Hause machte, hatte ich immerhin gut 150 Dollar mit einem mir geschenkten Casinoschip verdient. Und wenn das kein Trost war, dann konnte ich es ja auch immer noch darauf schieben, dass ich noch jung und dumm war. Mit 23 Jahren darf man so was schließlich noch machen.

Montag fiel es mir also nicht ganz so leicht mit meiner gewohnten hundertprozentigen Konzentration ans Werk zu gehen, doch viel Kaffee, gutes Wetter und die Vorfreude aufs abendliche Barbecue schafften es mich wach zu halten.
In Australien gibt es in allen Parks öffentliche Barbecues. Per Knopfdruck erwärmt sich magisch eine große Grillplatte, die in der Mitte ein kleines Loch hat, damit man nachher auch wieder ordentlich sauber machen kann. Zu meiner Vorgeburtstagsfeier hatte der Jonas also Känguru, Würste und Schweinesteaks besorgt. Dazu noch Brot und Gemüse und das Barbecue konnte losgehen. Meine geladenen Gäste: Jonas, Julia, Anni, Dan, Shawn und Michael, welche auch alle auftauchten. Etwas irritiert, aber hoch erfreut nahm ich die Glückwünsche meiner Arbeitskollegen entgegen (ich hatte doch eigentlich gesagt, dass mein Geburtstag eigentlich erst am Dienstag war). Ganz australisch teilte sich die Gruppe nach erster kurzer Vorstellungsrunde in männliche und weibliche Teilnehmer auf und jeder für sich genoss sein Bier, Wein, „Roo“, seine Paprika oder einfach die schöne kühle Abendluft und den Ausblick auf den Fluss.


Kaum hatten die Jungs aus der Arbeitsgruppe (vielleicht aus Angst vor nahendem Sauerstoffüberschuss) sich verabschiedet, bahnten sich auch schon die ersten Fledermausattacken an. Fledermäuse, die (wie eigentlich alle Tiere hier) ca. 10 mal so groß sind wie jede handelsübliche Fledermaus, toben sich gerne mal in der Abenddämmerung aus und scheinen dabei (wie eigentlich alle Tiere hier) überhaupt keine Hemmungen vor dem Menschen zu haben. Nachdem wir den Fledermäusen gegenüber unsere Position gerade noch so verteidigen konnten, mussten wir uns kurz später einer 15-Mädel-und-1-Jung starken deutschen Backpackertruppe  geschlagen geben. So wurde alles schön sauber gemacht und wieder eingepackt und die Suche nach einer weiteren Weggehmöglichkeit beratschlagt. Zunächst wagten wir einen Versuch in Southbank, doch dort wurden wir (wie eigentlich überall hier) um 22:00 Uhr rausgeschmissen. Nun hat man in Brisbane unter der Woche nach 22:00 Uhr eigentlich nur noch 2 Möglichkeiten: entweder man geht ins Casino (das schied allerdings wegen drohender Spielsucht meinerseits und falscher Fußbekleidung andererseits aus) oder in eine Backpackers Bar.

Nun wer würde nicht gerne in seinen Geburtstagreinfeiern, während in einer ranzigen Bar mit vollgekritzelten Wänden 2 Teams mit jeweils vier Mitspielern versuchen 4 Gläser Cola schnellstmöglich auszutrinken? Und wer würde nicht gerne um punkt 5 vor Mitternacht vom DJ „just for Joli“ happy birthday aufgelegt bekommen (hier in Australien ist man mit dem Datum und der Zeit und so wirklich nicht genau, ich glaube es ist nur wichtig, dass der Monat stimmt)? Klingt nicht so verlockend? Müsst ihr aber unbedingt mal ausprobieren, denn es macht wirklich Spaß! Es gab sogar Kuchen und ein Freigetränk und alles, was das nun reife und weise Joliherz so begehrt.
Und am Ende des Abends gab’s dann endlich auch noch den wohlverdienten Schlaf!


Am nächsten morgen ließen Jonas und ich den Tag dann ganz entspannt angehen. Ein schönes Geburtstagsfrühstück, Geschenke auspacken und sich dann langsam auf den Weg zur Arbeit machen. Der Besuch war wieder abgereist und so konnte nun alles wieder seinen gewohnten Trott gehen. Mit neuer Sonnenbrille ging’s auf nach Chermside, denn mit 24 da beginnt nun wirklich mal der Ernst des Lebens. Vielleicht...







Mittwoch, 23. März 2011

Praktikum - Critical Care Research Group, Prince Charles Hospital, Brisbane

Als ich am Mittwoch morgen (09.03.) aufwachte, wurde mir schlagartig bewusst, dass ich ja nicht nur zum Spaß und Urlaub in Australien war, sondern auch um mein Unipraktikum zu absolvieren. Und das nicht am Strand, im Park, am Fluss oder in einem gemütliche  Cafe, sondern in einer tatsächlichen Forschungsgruppe. Gott sei Dank fing mein erster Arbeitstag erst um 10:00 Uhr an, sodass trotz der morgendlichen Schockstarre noch genug Zeit war, um das Prince Charles Hospital zu erreichen. Und das war auch gut so, denn das Krankenhaus befindet sich ziemlich weit nördlich der Innenstadt.

Auf die Frage, wie ich dort wohl mit dem Bus hinkommen würde wusste zunächst niemand eine Antwort. Der Brisbaner fährt Auto, besonders wenn etwas weiter als ein paar direkte Busstationen entfernt ist. Diese Tatsche strafte ich zunächst noch mit einem gedanklichen ‚ihr Umweltsünder!’ ab, doch inzwischen weiß ich es besser. Busse fahren an dir vorbei ohne dich mitzunehmen,  kommen zu früh, zu späte oder auch gar nicht, spucken dich eine Station zu früh aus oder halten nicht am angestrebten Fahrziel. Von all dem wusste ich Mittwoch morgens jedoch noch nichts. Ich war eher erstaunt darüber, dass der Busfahrer mich freundlich begrüßte und begeistert zustimmte, als ich ihn fragte, ob er mir Bescheid sagen könnte, wann ich aussteigen müsste (Kulturschock 5: freundliche Busfahrer). So erreichte ich gegen halb zehn bereits  die Eingangshalle des Krankenhauses (Mr. Friendly Busdriver hatte mich nicht aussteigen lassen ohne den Weg genaustens zu beschreiben). 

mein Weg zur Arbeit



Die Eingangshalle war angegebener Treffpunkt und während ich mir noch selbst zu meiner gelungenen Anreise gratulierte, fragte ich mich auch schon, was man denn so macht, wenn man irgendwo rechtzeitig ankommt. Diese mir vollkommen ungewohnte Situation ließ mich leicht panisch auf und ab tigern. Verlegen lächelte ich jeden in Frage kommenden Menschen an, der die Eingangshalle durchquerte, nahm auf den Wartesitzen platz, ging vor die Tür direkt unter’s Eingangsschild und wieder zurück rein, nur um mich auch dort wieder verwirrt umzuschauen. 10:00 Uhr kam und ging und ich wurde so langsam leicht panisch. Vielleicht hatte ich mich ja in Zeit oder Ort geirrt? Um 10 nach rief ich Jonas an, damit er noch mal in der Email nachschauen konnte, die mir Daniel Timms (den einzigen Namen, den ich kannte) geschickt hatte. Aber Jonas bestätigte nur: Mittwoch, 10:00 Uhr, Eingangshalle. Oh nein! Was tun? In stoischer Gelassenheit fragte Jonas mich, ob ich denn mal angerufen hätte, woraufhin ich mit inzwischen hoch rotem Kopf zur Reception stapfte und verlangte einen Daniel Timms ausfindig zu machen. Zunächst schien es so, als ob Jonas brillanter Einfall die Gesamtsituation deutlich verbessert hätte, doch dann stimmte Daniel Timms Nummer im System nicht! Ich stöhnte, die Rezeptionistin lächelte und rief (mir beruhigend zuzwinkernd) die Krankenhausnummernauskunft an. Dann wählte sie erneut. Niemand nahm ab. Oh Gott, oh Gott.! Fünf Minuten später folgte der nächste Versuch. Wieder nahm keiner ab! Was tun? Inzwischen war es schon 10:23 Uhr! Ich wusste ja nicht, wie das in Australien so lief, aber ich wollte jetzt auch nicht an meinem ersten Tag gleich den fürchterlichsten Eindruck machen. Die Rezeptionistin riet mir mal in den ersten Stock zu fahren. Das war immerhin der einzigen Anhaltspunkt, den ich irgendwie hatte („Ok, thanks!“ „No worries! And good look“).

Im ersten Stock hielt ich mich in Richtung Atemsysteme. Wo jemand atmet, kann das Herz ja nicht so weit sein. Und nach äußerst auffälligem Auf- und Abgehen sowie flehenden Blicken, wurde ich tatsächlich von einer Schwester als hilfebedürftig identifiziert. Wo das Problem liegen würde? Ich wollte zur Critical Care Research Group (das war mir zum Glück in der Zwischenzeit wieder eingefallen)! Da müsse ich einen Stock hoch und nach Angela fragen, die könne mir bestimmt weiterhelfen. Mein angestrebtes Stockwerk zu verlassen widerstrebte mir zwar ziemlich, aber dass eine Etage höher eine gewisse Angle-a auf mich warten sollte, überzeugte mich dann doch. Und siehe da, Angela existierte wirklich, blonde Haare, breites Lächeln und ununterbrochen vor sich hin plappernd. Ja, da seie ich bei ihr genau richtig, sie würde sofort Daniel mal anrufen. Huch, sie hätte die Nummer ja gar nicht, ach dann würde sie mich persönlich vorbei bringen. 
Auf dem Weg zum Labor („no worries!“) erzählte sie mir, dass sich alle immer über den Testosteronpegel da unten im Labor lustig machen würden. Auf diese Information folgte postwendend ein rothaariges Testosteronmodell, das scheinbar auf der Suche nach mir war („Jolande, from Germany? Ah, you made it. No worries!“).  

So kam ich also doch noch wohlbehalten in der Höhle der Engineers an. Dan (besagter Daniel Timms), Shawn und Michael (der Rothaarige) verdeutlichten durch gekonnte Laborführung, dass sie der Kopf der Research Group waren. 

Dan
Shawn


Michael
ich




Nach und nach kamen auch noch einige Studenten ins Labor, die teilweise auch ihren ersten Tag hatten. So war also alles erstmal wirklich so, wie die Australier immer sagen: no worries! 
Nur mein anhaltendes Sprachproblem machte mir noch ein bisschen Sorgen. Der Rothaarige (Mr. Ballonhemd, wie ich ihn auch manchmal nenne) stellte sich mir zB. so vor: „Hi, I am Michael.“ Ich daraufhin: „Marco?“ Und er: „Yes, that’s right.“ Der Aussislang vermochte es also bisweilen mich ein wenig zu verwirren. Doch dann trat John Fraser in mein Leben. Der Boss-Boss der ganzen Gruppe (Dan ist der Boss, John der Boss-Boss). 

John
John Fraser ist (wie der Name vielleicht schon vermuten lässt) Schotte. John erzählte und scherzte, gab mir Ratschläge und erklärte verschiedene Sachen, während ich nickte, lachte, freundlich dreinblicke und mich fragte, was zum Teufel er wohl für eine Sprache sprach. Zum Glück bestätigte einer der anderen Studenten (wohl bemerkt selber ein Australier) mir später, dass auch er Probleme haben würde John zu verstehen. 



Seitdem arbeite ich also in der kleinen kardio-vaskulären Arbeitsgruppe. Meine Aufgabe besteht hauptsächlich darin das zu tun, was Michael mir sagt. So löte, stanze und schraube ich munter vor mich hin. Das Ziel meines kleinen Projektes ist es ein Computersystem zu entwickeln, das die künstliche Herzpumpe (ein künstliches Herz zu entwickeln ist die Hauptaufgabe der Gruppe) in Reaktion auf Bewegung, Ruhe oder besser gesagt jede Lebenssituation reguliert. Dafür mussten wir zunächst das alte Modell auseinandernehmen und in sinnvoller Weise wieder zusammen setzten, sodass wir mit dem Computer ein Kontrollsystem herstellen können. (Control Engineering ist übrigens das Fach, in dem ich im letzten Semester am schlechtesten abgeschnitten habe. Aber so langsam versteh ich auch mal, was das überhaupt für einen praktischen Nutzen hat.)

meine selbstgemachte Box

meine Box mit angeschlossener Pumpe und Kontrollsystem (Säulen)
Die Arbeit in der Gruppe macht die meiste Zeit über sehr viel Spaß (wenn da nicht die blöde An- und Abreise mit diesen unzuverlässigen Bussen wäre). Ich fühle ich zwar manchmal so, als ob ich jegliche Arbeitsprozesse eher verlangsamen als beschleunigen würde, aber mit der Zeit, find ich mich immer besser zu recht Und da ich ja ein unbezahltes Praktikum mache (und sonst wär's vielleicht auch so) heißt es immer „no worries“, wenn ich mal früher gehen möchte oder ganz und gar einen Tag frei nehme.  Da wir in den ersten Wochen jetzt schon das erreicht habe, was ich eigentlich in der kompletten Zeit hier machen sollte, bin ich nun wirklich gespannt, wie es weiter geht.
Morgen werde ich z.B. bei irgendwelchen Tierversuchen life mit dabei sein dürfen. Da die Arbeit so eng an das Krankenhaus gebunden ist und John (remember: der Boss-Boss) eigentlich auch Arzt ist, ist das gar nicht so ungewöhnlich. So war ich z.B. auch schon einmal bei einem Schafversuch dabei (unser künstliches Herz soll in diesem Jahr noch Schafen eingesetzt werden), bei dem John sich alle Mühe gab zu erklären, warum den Schaf irgendwelche Schläuche in die Lungen geführt wurden, ich jedoch natürlich kein Wort verstand. Aufregend war's trotzdem.



Wer ganz besonderes Interesse an dieser ganzen Forschungsgruppe hat kann auch mal n Blick auf die Homepage werfen: http://www.icetlab.com/ (und ja, ich bin unter Team zu finden ;-)).
Ansonsten werd ich auf jeden Fall auch noch berichten wie's weiter geht! Bis dahin, gutes Arbeiten and no worries!

Freitag, 18. März 2011

28.02.-01.03. Brisbane - erste Eindrücke, Australien


Auf Reisen schlafen ist ein bisschen so wie Fahrradfahren oder Schwimmen. Wenn man es einmal gelernt hat, ist es etwas ganz Natürliches. So musste ich nur noch in den richtigen Bus in KL einsteigen und schon war ich friedlich entschlummert und eh ich mich versah auch schon wieder in Singapur (ja es war mitten am Tag, aber ein ausgedehnter Mittagsschlaf hat noch keinem geschadet). Von der Bushaltestelle, an der ich ausgespuckt wurde, bis hin zur nächsten MRT Station waren es laut Schildern ca. 600 Meter. So stapfte ich also zu Fuß los, mit störrischer Entschlossenheit. Doch jeder Schritt addierte gefühlte 2 kg zu meinem riesigen Rucksack, die Handgepäcktaschen entwickelten gewichtstechnisch ein Eigenleben und wer hatte eigentlich die Idee diesen blöden Hockeyschläger mitzunehmen? Als ich endlich den Ticketautomaten erreicht hatte, war ich ready to shower, doch so gut ist selbst der Singapurer nicht ausgerüstet.  Doch ca. 3 Stunden später hatte ich mich ausreichend am Singapurer Flughafen regeneriert und brach zielstrebig in Richtung Brisbane auf.

Der erste Kulturschock Australien ließ nicht auf sich warten. Kaum hatte ich meinen Platz im Flieger gefunden, tauchte auch schon der wahrscheinlich einzige echte Brisbaner im ganzen Flugzeug neben mir auf. Ca. 1,98 m groß und gerade auf dem Rückweg von der Hochzeit seines Bruders. Aus Irland nach England, mit dem Bus nach Heathrow, von da nach Singapur und jetzt im Flieger zurück in die Heimat (diese Reiseroute stellte meinen kurzen Marsch vom Bus zur Bahn olfaktorisch instantan in den Hintergrund). Das größte Problem stellte allerdings unsere Verständigung da. Die erste Stunde ging ungefähr so: Aussi (leider hab ich seinen Namen vergessen, ich glaube es war Nick, let’s call him Nick): „So, what do you reckon about Singapur?“ Ich: „Apa?“ Nick: „Pardon me?“ Ich: „What?“ Nick: „What do you think about Singapur?“ Ich: „Ohh....ok, lah...“
Zum Glück war Nick in kürze eingeschlafen, sodass ich mich wichtigeren Aufgaben zuwenden konnte. So z.B. der Frage, welche Biersorten es an Board der Qantas Airline so gab. Kurz lies ich mich fast vom „Best airplane wine award“ ablenken, doch dann war ich back on the track und orderte mir ein echtes Australian beer. Sehr zur Freude zum gerade wieder erwachten Nick („Cheers!“) und meinem 1-Steward starken Fanclub.
3 Bier und einen ausgedehnten Nap später, landeten wir bereits im eigentlich doch so entfernten Australien. Mein Steward zwinkerte heftig und warf mir ein beim Rausgehen ein Jubiläumsqantasirgendwas zu, was alle Mitreisenden im Umkreis von 3 Personen mit lautem Neid erfüllte. Ich lugte nur auf die Größe des Ungetums, sah L-XL und dachte: ‚Cool, ein Geschenk für den Jonas!’ (und er hatte den Schlafanzug bis heute nicht an!)

So setzte ich also meine ersten Schritte auf australischen Boden. Sammelte mein Gepäck zusammen, lies mich kurz vom Hund beschnuppern und suchte die große Problematik, die man angeblich bei der Einreise immer haben sollte. Fand sie nicht. Genauso wenig wie Jonas, der doch eigentlich getönt hatte, dass er so viel schneller sein sollte. Doch der erfahrene Reisende klappt sein Buch auf, erschleicht sich einige Minuten freien Internets und verhält sich unauffällig bis er vom Abholdienst eingesammelt wird. No worries!

Also wir alles Gepäck in Struppi (Jonas Auto) verladen hatten (mehrere Bandscheiben ächtzen beim Gedanken daran), ging’s direkt mittenrein in den Brisbaner Verkehr.  Da der Mensch dazu neigt alles, was er sieht, mit dem zu vergleichen, das er schon kennt, konnte ich nicht anders, als den Eindruck zu bekommen mich in einem amerikanischen Südostasien oder eben in asiatischen Staaten zu befinden. Breite Straßen, große Kreuzungen, freistehende Häuser, große Werbeschilder, Linksverkehr (das erinnerte mich an Malaysia), Palmen, viel Verkehr, ein Geruch nach Abgasen, Regen und Hitze. Ich versuchte noch all das aufzunehmen, als wir schon abbogen und direkt hinter Jonas Wohnung einen Parkplatz fanden.

Die Wohnung ist irgendwie schwer zu beschreiben. Simple und klein, aber doch auch verwinkelt. Beim Eintreten steht man direkt im Ess/Wohnzimmer. Rechts gehen erst Küche, dann Dusche ab. Links kommt ein kleiner schräger Flur, von dem dann Klo und Schlafzimmer abgehen. Ich ließ mein Gepäck (und mich selbst gleich hinterher) fallen und fühlte mich sofort, wie zu Hause. Jonas begann derweil Frühstück in der Küche vorzubereiten. Und so begann mein australisches Leben.

Während Jonas sich gleich wieder in die Arbeit stürzen wollte/musste, fasste ich den ehrgeizigen Plan schon mal ein bisschen die Stadt zu erkunden. Doch zunächst einmal für ein Stündchen hinlegen. Wäre da nicht der Heckenschneider mit seiner Kettensäge direkt vor dem Fenster gewesen und die ca. 100 ungewohnten Geräusche, die mich immer wieder aufstehen ließen, um nachzugucken, ob jemand Fremdes in der Wohnung war, hätte das vielleicht auch geklappt, so entstand ein Zeitsprung von ca. 4 Stunden.
Gerade noch genug Zeit, um sich eine Go-(Bus)Card und eine Handykarte zu holen und sich dann auch schon wieder auf den Rückweg zu machen. Auf diesem stolperte ich eher zufällig über eins der zahlreichen Flussufer und genoss einige Zeit die Abendsonne auf einer kleinen Parkbank. ‚Großstadt mit Charm’, dachte ich noch bevor ich mich nach Hause verlief.


Es hieß also wieder mal schmerzende Füße, als ich endlich nach Hause zurück gefunden hatte und ein knurrenster Magen. Doch keine Angst, nun war ich ja unter der Obhut meines beschützenden älteren Bruders und schon kam eine riesige Portion Sushi durch die Tür geschneit. Ginger Beer, roher Frisch und n Fläschen Sekt, so feierten wir also mein Ankommen in Australien. Danach (schlurf, schlurf) ging’s noch auf eine kleine Runde durch die Neighboorhood, gerade so lang, dass ich in der Nacht besonders gut schlafen konnte.

Nächster morgen, 08:00 am. „Joli, steh auf! Du darfst jetzt keinen Jetleg bekommen!“ Hallo? Nur damit das ein für alle mal gesagt ist lieber Jonas, um 8 Uhr aufstehen bedeutet einen Jetleg haben. Um diese Zeit schlafen ist einfach nur gesund. So erlebte ich also Kulturschock Nummer 2. Der Australier steht früh auf!
So musste der Tag aber auf jeden Fall auch genutzt werden. 1. Tagesaufgabe: Bikini kaufen. Man kann sich auch noch so schön seinen Urlaub am Strand ausmalen, irgendetwas essenzielles vergisst man (Joli) wohl dann doch immer. 2. Tagesaufgabe: Versicherung für Struppi ändern. Sehr gut Joli darf jetzt auch fahren. 3. Tagesaufgabe: Innenstadt, Kasino, Uni und Southbank (Stadtteil am Flussufer) besichtigen. Dabei fielen nicht nur die Nachwirkungen der Flug auf, sondern auch, dass der Australier durchaus in der Lage zu sein scheint sie recht schnell zu beseitigen. 4. Tagesaufgabe: Citycatfahren. Citycat ist so was, wie der Bus auf dem Fluss und aus Aachen kommend kann ich nur sagen, dass nicht nur ein funktionierendes Verkehrssystem, sondern auch ein Fluss echt spitze ist. Man kombiniere dieses und schon hat man eine sogar praktische Attraktion.


5. Tagesaufgabe: Neuen Bikini am Strand tragen. Bei dieser Aktion wurde ich zunächst von der Weite dieses Landes und dann von der Höhe der Wellen überrollt. Wir fuhren ca. eineinhalb Stunden bis wir auf einer Insel nördlich von Brisbane angekommen waren. Dann war es auch schon so spät, dass man direkt ins Meer hüpfen musste, um danach noch genug Sonne zum Trocknen abzubekommen. Denn (Kulturschock 3), wenn es windet und die Sonne weggeht (und das ist wirklich früh, so zwischen 6 und sieben = Kuturschock 4) wird es wirklich kalt! So stürmten wir also unverzüglich die Wellen und ich staunte nicht schlecht über die Brandung. Entspanntem Badeurlaub kam das jedenfalls nicht gleich. Dafür aber ersten Surfereindrücken. Überhaupt scheint der Aussi an sich nicht allzu viel von entspannen und ausruhen zu halten. Alles ist ständig und überall in Bewegung (so also auch das Meer). Deshalb hieß es auch für mich nicht lange ausruhen, sondern gleich weiter. 4 wheel drive – Allradantrieb. Das deutsche Städterkind musste natürlich gleich am 2. Tag in australischen Sandhaufen geschickt werden. Viel Geduld („ich würde dir die linke Straßenseite empfehlen“) und Ruhe auf Seiten von Jonas, Verwirrung („mit links schalten geht nicht!“) und Aufregung bei mir. Doch am Ende hatte ich meine erste echte Runde im Sand gedreht, Struppi bellte noch und Surfer Jonas war noch in der Verfassung das Steuer wieder zu übernehmen. Der Tag also ein voller Erfolg!



Und die Krönung des Ganzen! Es war Burgerdienstag! Zwei Burger zum Preis von einem. Na, wenn das mal nicht der perfekte Start ins Leben am anderen Ende der Welt ist! Bleibt nur noch zu klären, warum man Tangas an den Füßen trägt und sich zur Verabschiedung zuprostet? 

Cheers! Und bis zum nächsten Mal.