17.05. -24.05.2012 (Achtung: Bericht aus der Vergangenheit)
Prolog
Während meines Auslandsaufenthalts in Malaysia fragte mich
meine Gastmutter ein mal wie es eigentlich sei Jahreszeiten zu haben. Ich
musste ihr ganz ehrlich antworten, dass ich noch nie wirklich über die
Jahreszeiten nachgedacht hatte. Ich meine ich habe meine Lieblingsjahreszeiten
(Winter und Frühling) und meine etwas weniger lieben Jahreszeiten (Herbst und
Sommer), doch die allgemeine Präsenz von Jahreszeiten war ja einfach immer
gegeben. Wie sollte ich einer Malayin also erklären, wie es sich anfühlt im
Sommer zu schwitzen und im Winter zu frieren?
Als ich letzten „Frühling“ in Singapur ankam und aus dem australischen Spätherbst
(Temperaturen bis zu 12 °C, brrr) in die tropische Wärme eintauchte, wusste ich
auf einmal, was ich meiner Gastmutter am heutigen Tag antworten würde: Wenn man
in Regionen mit Jahreszeiten lebt, ist das Wetter unentwegt ein
gesellschaftliches Thema. Und die ständige Unbeständigkeit gibt dem Leben in
unseren Breitengraden das Gefühl des steten Wandels.
In Südostasien anzukommen hingegen, gibt mir stets das
Gefühl einer bekannten Vertrautheit. Die drückende Schwüle. Der Geruch nach
Regen, Abgasen und Straßenessen ist irgendwie unvergänglich. So tauchte ich an
diesem Maitag sofort wieder in etwas Bekanntes ein. Entspannt und voller
Vorfreude blickte ich dem Besuch bei meiner Gastfamilie entgegen.
Nach dem wohltuenden Tropendunst, den ich unter meinem gut 20
kg schweren Rucksack leise verfluchte, erwartete mich im Bus von Singapur nach
Kuala Lumpur die zweite südostasische Jahreszeit: die Klimaanlage. Mit
Kapuzenpulli, langer Hose und warmen Turnschuhen versuchte ich dem Gebläse zu
trotzen, doch in Kuala Lumpur angekommen fühlte ich mich trotz allem als hätte
ich mir in den gut 5 Stunden Busfahrt akutes Rheuma eingehandelt.
Gut, dass es da noch meine liebe malayische Gastfamilie
gibt. Nachdem das neuste Chaos dargeboten wurde („Joli, sorry. Airconditioning
is broken.“ Joli smiling „Oh, no
problem, lah.“), wurde ich rundum versorgt. Joli mandi, Joli makan, Joli tidur.
Duschen, essen schlafen. Und wohl ausgeruht wurde ich dann am nächsten Tag noch
zum Jalan-Jalan mitgenommen. Zum Schaufensterbummeln und shoppen.
Natürlich gab es in meiner Gastfamilie aber nur ein
vorherrschendes Thema. Joli friend is coming. So ein Event muss in Malaysia von
langer Hand geplant werden, wobei alle Pläne in letzter Minute wieder verworfen
und letztendlich alles ganz spontan gemacht wird. Wichtig schien jedoch zu sein
die Frage „Joli friend or Joli boyfriend?“ gleich mehrfach in den Raum zu
werfen und bei meinen kläglichen Versuchen das Konzept eines männlichen
Mitbewohners zu erklären („But he man. You woman. So, how?“) nur den Kopf zu
schütteln. Trotzdem wurde Jan von allen mit großer Vorfreude erwartet.
Tag 1: Abah Second House, Roti Canai, Perak, Cameron
Highlands – das volle Programm
Als ich am Morgen in Nabilahs (kleine Gastschwester)
Princess Bed erwachte, wusste ich, dass mich ein Marathontag erwarten würde.
Während wir am Abend vorher Abahs (mein Gastvater) Second House bezogen hatten
(dieses liegt schließlich besonders nah am Flughafen), bekam ich mehrere
Nachrichten von Jan. Man wollte ihn in Fiji nicht ausreisen lassen, da er keine
Adresse in Malaysia angeben konnte. Panisch versuchte ich alle Reiseunterlagen,
Adressen und Telefonnummern, die ich irgendwo finden konnte weiterzuleiten, um
Aus- und spätere Einreise zu erleichtern. Natürlich hätte mir Fiji-Time und -Style
noch bekannt sein sollen, aber ein paar Sorgen machte ich mir trotzdem.
Während ich mich also bemühte ruhig zu bleiben und mit
eifriger Unterstützung von Abah versuchte die drei Frauen zum Aufbruch zu
bewegen, kam Mak (Gastmutter) eine ganz hervorragende Idee: „Joli, we make joke
with Jan!“. Für Späße aller Art bin ich ja bekanntlich immer zu haben, sodass
ich unter lautem Gegacker bekopftucht und anschließend ins Auto verladen wurde.
Als Europäer mit Kopftuch und muslimischer Familie durch
Kuala Lumpurs Flughafen zu laufen ist in etwa so als ob man nackt auf einem
Ponny reitend in 10 Minuten in Müncheners Hauptbahnhof einsteigen würde. Und
während ich es ja eigentlich aus Asien schon kenne von allen Seiten angestarrt
zu werden, war die Erfahrung im Kopftuch umherzuwandern doch noch mal etwas
Neues. Denn das Tragen dieses religiösen Zeichens kommt nicht ohne einen
gewissen Respekt für Traditionen und Sitten. So musste ich zum Beispiel lernen,
dass ich als unverheiratet Frau eigentlich keinen Mann anfassen durfte, was
mich etwas nervös auf die bevorstehende Begrüßung meines lieben Mitbewohners
blicken ließ.
Unterm Strich lief dann aber doch alles glatt. Jan erkannte
mich trotz Kopftuch oder besser gesagt wegen neongrüner Sonnenbrille und ich
erlaubte mir einen kurzen unauffälligen Händedruck bis dann Abah mit
vorgestreckter Hand in die Bresche sprang um seine Frauen vor unsittlichen
Berührungen zu schützen. Dem armen Jan wurde anschließend allerdings keine einzige
Verschnaufminute gegönnt, um sich vom fijianischen Ausreiseverbot, dem
malayischen Einreiseerfolg („no problem, lah!“) und einer kopftuchtragenden
Joli zu erholen. Denn es ging direkt zum nächstgelegenen Mamak-Store zum
Frühstücken. Auf dem Weg dahin führte Abah noch sein Second-House sowie die
malaysische Formel 1 Strecke vor. Gefolgt vom vollen Frühstücksprogramm.
Teh tarik (sogenannter gezogener Tee), roti canai (indisches
Brot), roti canai telur (indisches Brot mit Ei) und mit Kokosmilch versüßter
Reis boten den perfekten Start in die malaysische Gastfreundschaft. Und Jan war
schnell der große Hit. Nach 2 Monaten Ausfahrt auf dem Schiff, wohl gebräunt,
musste festgestellt werden, dass es sich bei ihm ja gar nicht um einen echten
Orang putih („Weißer Mensch“) handelte. „Orang Chocolate“, betitelte Mak ihn unter
leisem Gekicher und gerat völlig aus dem Häuschen als Jan dann auch noch einen weiteren
Tee bestellte, denn alles war so lecker!
Kaum hatten wir das köstliche Frühstück aufgegessen ging’s auch
gleich schon weiter in Abahs erstes Haus in Serdang, einem Vorort von Kuala
Lumpur. Der Zeitdruck rührte nicht etwa daher, dass Najeebah, Nabilah, Jan und
ich noch einen Bus ins Malaysische Hinterland bekommen mussten, sondern daher,
dass Abah zum golfen verabredet war. Es müssen schließlich Prioritäten gesetzt werden. So wurde
sich also artig beeilt und Jan hatte gerade mal Zeit ein paar Klamotten in
meine Tasche zu werfen bevor es auch schon wieder weiterging.
Reiseziel waren die Cameron Highlands, eine Ansammlung von
Bergen, die für ihr mildes Klima und viele Teeplantagen bekannt sind. Zunächst
brachte uns der Bus nach Perak, wo wir einen Bekannten von meiner kleinen
Gastschwester („Nablah friend“) treffen sollten, der dann unser Tourguide für
die nächsten Tage sein sollte. Auf der etwa 3-stündigen Busfahrt von Kuala
Lumpur nach Perak staunte Jan nicht schlecht über die endlosen Palmölplantagen.
Grün so weit das Auge reicht. Ökologisch naja, ökonomisch rentabel.
In Perak wurden wir dann von Epit, dem Tour-Guide, aufgelesen.
Epit sprach kaum englisch, verstand dafür aber die internationale Sprache des
Lachens und des Tiere Imitierens. Außerdem freute er sich über jeglichen
Versuch unsererseits malayisch zu sprechen. Das Beste allerdings war, dass Epit
einen großen Truck mit Allradantrieb fuhr. Da ich mich ja vor noch nicht allzu
langer Zeit von Struppi trennen musste, gerat ich völlig aus dem Häuschen.
Epit unser Tourguide und sein 4WDrive |
Schon während der Fahrt von Perak nach Pehang, wo die Cameron
Highlands liegen, wurde klar, dass Jan und ich die weißen bzw. schokobraunen
Starmodels dieses Unterfangens waren. Während wir von meinen beiden
Gastschwestern fleißig fotografiert wurden, wurde jeder andere gesichtete Weiße
mit einem lauten „Orang putih!“ bejubelt, was besonders Epit viel Spaß
bereitete. Nichts desto trotz vergaß er nicht uns die schönsten Orte auf dem
Weg zu unserm Appartment zu zeigen.
Als wir dann endlich in unserer Herberge ankamen, waren wir
alle ziemlich platt. Jan setzte sofort zu einem 12-stündigen Schlaf an, während
der Rest von uns noch ein bisschen durch die Gegend streifte bzw. (in meinem
und Epits Fall) noch ein bisschen Unfug im Appartment anstellte.
TAG 2: Hike to the rain
Es ist schwierig das erlebte nicht einfach in einer Reihe
von gut 1000 Fotos darzubieten, denn auch am nächsten Tag ging das Fotoshooting
weiter. An jeder erdenklichen Stelle wurde angehalten und zwischen 50 und 387
Fotos geschossen. Überhaupt schien sich der ganze Ausflug um Essen, Tee trinken
und Fotos machen zu drehen. Aber es gab natürlich auch einiges zu besichtigen.
So waren wir auf Malaysias bekanntesten Teeplantagen,
lernten die malayische Kultur in Form von „teh to go“ kennen
und betitelten das uns dargebotene Essen artig mit „semua
sedap“ (alles lecker)
Schließlich wurde auch noch gewandert an diesem zweiten Tag
in den Cameron Highlands. Durch Schlamm, Pfützen und Regenwald. Über Stock und
Stein und zu guter Letzt entlang geteerter Straßen.
Doch während wir noch überlegten, was wir als nächstes
aushecken könnten, verwandelte sich der milde Highland-Tea-Tag auf einmal in
einen gewaltigen Regenguss. Und wenn es in den Tropen regnet, dann ist das
nicht etwa ein zweit- bis drittklassiger Regenschauer, wie man ihn aus Aachen
nur allzu gut kennt. Nein, dann regnet es so richtig. Dicke, fette Tropfen.
Bäche werden zu Flüssen, Abwasserrinnen quellen über und auf Straßen sowie
Wiesen bilden sich knietiefe Pfützen. Gut, dass wir unsern zuverlässigen Epit
dabei hatten, der dem Regen trotzte und für uns das Auto holte. Zurück im Dorf
hatte es dann natürlich auch aufgehört zu regnen, sodass wir zumindest das
Abendessen in trockener und gemütlicher Runde zu uns nehmen konnten.
Tag 3: Montag ist Ruhetag
Montag Morgen stellte sich raus, dass Epits Auto mehr
Ähnlichkeiten mit Struppi hatte, als zunächst vermutet. Es sprang nämlich nicht
mehr an. Und trotz seines 4x4 drives schien aller Antrieb dahin.
Nachdem einige Pläne gemacht wurden, die alle irgendwelche
Freunde oder Bekannte von Epit involvierten, die uns abholen und irgendwo
hinfahren sollten, wurde natürlich in letzter Minute alles wieder verworfen.
Der alte Allradantrieb ließ sich schließlich doch starten und schon war’s so
als wär’ nie was gewesen. Gut, denn für diesen Tag war der Besuch auf einer
Teeplantage geplant.
Als wir jedoch an derselben eintrudelten teilte man uns mit,
dass Montag Ruhetag sei. So ging es uns dann noch bei einigen weiteren. Was
tun? Natürlich. Alternativprogramm: an einen schönen Ort fahren und Fotos
machen.
Es wurde dann allerdings tatsächlich noch ein sehr
ereignisreicher Tag. Zunächst besichtigten wir eine Erdbeerplantage, auf der
wir selber Erdbeeren ernten durften.
Dann kehrten wir den Teeplantagen den Rücken zu und fuhren
zu einem Fluss am Fuße der Cameron Highlands. Nachdem zunächst die
Bekleidungsvorschriften („nein Jan, du kannst da jetzt nicht in Boxershort
rein...“) geklärt werden mussten, machten sich die Europäer daran das Wasser zu
erkunden, während die Südostasier es vorzogen uns dabei zuzugucken, Fotos zu
machen und Schmetterlinge zu jagen.
Das besondere an dem Fluss waren heiße Quellen, die überall
versteckt das Wasser und den Boden aufheizten. Während zwei Chinesen einen
warmen Pool für sich entdeckt hatten, versuchte ich die heißen Stellen zu
vermeiden. Warum man in einem über 30 °C warmen Land heiße Quellen aufsucht
wird mir immer ein Rätsel bleiben.
Während ich noch über diese Frage nachgrübelte, ging’s auch
schon weiter. Meine Gastschwestern hatten Jan und mir schließlich noch einen
richtigen malayischen Pasar Malam (Nacht- bzw. Abendmarkt) versprochen. Und so
schoben wir uns kurze Zeit später an unzähligen Malayen und noch unzähligeren
Essensständen vorbei, wobei es von überall verlockend roch und in den buntesten
Farben funkelte.
Derweil informierte man uns darüber, dass wir am Abend
„homestay“ machen würden. Ich war schon ganz aufgeregt und fragte mich, ob es
vielleicht ein selbstgekochtes malayisches Nationalgericht geben würde? Und wie
wir uns wohl in einer fremden Gastfamilie zurecht finden würden? Doch wie sich
herausstellte war Homestay nur ein Synonym für eine untervermietete
Ferienwohnung. Trotzdem wartete noch ein wenig Landeskultur auf uns, da wir am
Abend mit Nabilahs Freunden zum Essen verabredet waren. Fühlten wir uns vorher
schon wie exotische Fotomodelle, so gipfelte dieser Abend in einer regelrechten
Paparazishow. Alle Malayen wollten mindestens fünf Fotos mit uns haben und bald
waren wir die guten „German friends“ aller Anwesenden. Freundschaftseinladungen,
Kommentare und Fotos hagelten kurze Zeit später bei Facebook ein. Ja, ja der
Deutsche als Statussymbol. Wer hätte das gedacht.
Tag 4: Back to the city
Und so war unser kleiner Ausflug auch schon wieder vorbei.
Epit schaute noch einmal bei uns vorbei und brachte uns in seiner Mittagspause auch
noch zu einem lokalen Mamak-Store, wo wir uns mal wieder die Bäuche
vollschlugen. Und als wir gegen Mittag in den Bus stiegen waren wir alle
traurig den lieben Epit in Perak zurückzulassen.
Die Fahrt zurück nach Kuala Lumpur nahm den größten Teil des
Tages in Anspruch und als wir schließlich die Petronas Tower erreichten, blieb
nur noch wenig Zeit bis wir auch schon mit Abah verabredet waren. Jan und ich
flitzen einmal schnell durchs blitzblanke Einkaufszentrum, um dann erneut in
ein Fotogewitter zu geraten. Oder, um es mit Abahs Worten zu sagen: „Ok. Last
one...ok, one more...“
Auf dem Rückweg nach Serdang erklärte Abah Jan sein
Weltbild, während wir Mädels uns auf der Rückbank entspannten. Dann wurde auch
noch für Durian, eine fürchterlich stinkende Asiatische Frucht, angehalten, von
der wir gleich mehrere Kilo kaufen mussten. Nachdem Jan zuvor allen tropischen
Früchten verfallen war, musste auch er bei der „King of fruits“ etwas
schlucken. Der unmittelbare Geschmack ist zwar süß und fruchtig, doch ein an
Erbrochenes und Stinkefuß erinnernder Nachgeschmack bleibt noch für mehrere Stunden
erhalten. Gut, dass Mak ihr weltberühmtes Nasi Ayam (Reis mit Huhn) gekocht
hatte, dass der Geschmackimplusion des Durians zu trotzen wusste.
So kam es, dass ich mich mit zuverlässig prallgefülltem
Bauch ins Bett legte und zufrieden von Teeplantagen und Fotoshootings träumte.
Tag 5: Kulturschock Singapur
Der nächste Tag ging gut los. Jan und ich mussten um 09:30
unsern Bus nach Singapur erwischen, was eigentlich kein Problem hätte sein
sollen. Wäre da nicht der kleine Haken gewesen, dass wir ca. 10 Minuten nach
dem wir das Haus verließen mitten in Kuala Lumpurs Vorstadtgebiet liegen
blieben. Ratlos versuchte Mak erst immer wieder das Auto zu starten und dann
einen Nachbarn zu Hilfe zu rufen. Doch der Nachbar war unerreichbar und der
Motor sprang einfach nicht an. „This car already kaputt.“ So wurde die aktuelle
Lage zusammengefasst.
Neben dem offensichtlichen Problem, dass wir es versäumten
das einzige Taxi weit und breit anzuhalten, hatten Jan und ich auch beide kein
Bargeld mehr. Die Lage sah also nicht sonderlich rosig aus. Doch plötzlich
sprang der Motor doch wieder an und wir beeilten uns einzusteigen. Zu diesem
Zeitpunkt war klar, dass wir es mit dem Zug nicht mehr rechtzeitig zum Bus
schaffen würden. Also sprintete ich schnell zum nächsten Geldautomaten während
Jan uns ein Taxi sicherte. Schnell noch verabschiedet und schon brauste das
Taxi los in Richtung Innenstadt. Der Taxifahrer gab sein Bestes und wir hatten
Glück, dass der neugebaute Tunnel frei war, sodass wir es kurz vor knapp Allah
sei Dank noch zum Bus schafften.
In Singapur angekommen machten wir uns sogleich auf den Weg
zum Hostel. Bereits beim Gang durch die Straßen und während der anschließenden
Bahnfahrt kam uns Singapur erheblich unentspannter als Malaysia vor. Bis zu
diesem Zeitpunkt war ich immer nur aus dem geschäftigen Deutschland nach
Singapur eingereist, doch jetzt nachdem wir 4 Tage malayische Tiefenentspannung
hinter uns hatten, merkten wir sogleich, dass der Sekundenzeiger hier etwas
lauter tickte. Fragte man an der Bahnhaltestelle nach Rat, wurde man mit kurzen
Anweisungen auf einen Automaten verwiesen, bestellte man in einem Eckrestaurant
was zu essen, wurde man ungeduldig abgefertigt und versuchte man auf der Straße
oder in der Bahn schüchternen Augenkontakt mit jemanden aufzunehmen, musste man
dem allgegenwärtigen Smartphone den Vortritt lassen. Singapur eilte, wuselte
und ging seinen ganz eigenen Geschäften nach.
Auch wir hatten das Gefühl möglichst schnell auf Sightseeing
Tour gehen zu müssen. So fanden wir uns bald im indischen Viertel wieder, das
zwar an manch einer Stelle bunt und zuverlässig indisch geruchsintensiv war,
insgesamt aber druch einen Hauch von singapurianischer Sturheit sowie
Gleichgültigkeit geprägt wurde. Trotz allem ließen sich einige lustige Läden
entdecken und nur mit großer Überredungskunst konnte ich Jan davon abhalten
sich eine indische undercover Frisur schneiden zu lassen.
Wahrscheinlich war es wirklich nur die Umstellung von der netten
Gesellschaft meiner Gastschwestern und des lieben Epits auf das geballte Treiben
einer Großstadt, in der man niemanden kennt und in deren Anonymität man regelrecht
untergeht. Auf jeden Fall schienen wir mit dieser Stadt nicht so wirklich in
einem Takt zu schwingen. Wir liefen und liefen, bis die Füße schmerzten und wir
uns ein wohlverdientes Tiger Bier gönnten. Und als Singapur uns dann bei Nacht
mit all seinen Lichtern anfunkelte und uns nicht mehr den muslimischen Sitten folgend
mit kühlem Bier verwöhnte, da konnten wir dann doch noch mit der großen Stadt
unsern Frieden schließen.
So ging die knappe Woche in Südostasien mal wieder schneller
rum als mir lieb war. Und während ich jetzt schon wieder am andern Ende der
Welt rumturne, lässt sich mein weltreisendes Leben wohl so ganz gut auf den
Punkt bringen: